In Großbritannien finden heute Parlamentswahlen statt. Politische Ereignisse von solcher Tragweite haben typischerweise Auswirkungen auf die nationale Währung. So fiel beispielsweise der Euro deutlich am Markt, nachdem Emmanuel Macron das französische Parlament aufgelöst und Neuwahlen angekündigt hatte. Händler reagierten negativ auf diese Entscheidung. Aus demselben Grund stieg die Einheitswährung, als nach der ersten Runde klar wurde, dass die Partei von Le Pen möglicherweise keine absolute Mehrheit im Parlament erlangen wird (das Ergebnis wird am 7. Juli nach der zweiten Runde bekannt gegeben).
Im Gegensatz zum Euro reagiert das Pfund recht gelassen auf „seine“ Wahlen. Obwohl sich die politische Landschaft des Vereinigten Königreichs erheblich verändern könnte und die Labour-Partei möglicherweise erstmals seit 14 Jahren an die Macht kommt, bleibt das Pfund stabil. Die Briten sind zutiefst unzufrieden mit den Konservativen aufgrund des Lohnwachstums, des Gesundheitswesens, der Preise, des Wohnungswesens, der Qualität der öffentlichen Dienstleistungen und so weiter.
Ein kurzer Überblick: Das House of Commons ist die einzige gewählte Kammer des britischen Parlaments. Es besteht aus 650 Sitzen: 543 in England, 57 in Schottland, 32 in Wales und 18 in Nordirland. Eine politische Partei benötigt 326 Sitze für eine Zwei-Stimmen-Mehrheit, 327 Sitze für eine Vier-Stimmen-Mehrheit und so weiter.
Alle Umfragen sagen einstimmig einen Sieg der Labour-Partei voraus, der den von Tony Blair vor 27 Jahren übertreffen könnte. Erwartet wird, dass Labour mehr als 400 Sitze im Parlament gewinnen wird, was ihnen eine absolute Mehrheit ohne politische Allianzen ermöglicht. Den Konservativen hingegen werden nicht mehr als hundert Sitze im House of Commons vorhergesagt. Zum ersten Mal in der Geschichte könnten sie den Status als „Opposition Ihrer Majestät“ verlieren, wobei die Liberaldemokraten diese Nische einnehmen könnten.
Angesichts dieser vorläufigen Wahlszenarien wird Labour zweifellos in Großbritannien an die Macht kommen. Sie werden ihren Premierminister ernennen, den 61-jährigen ehemaligen Generalstaatsanwalt Keir Starmer.
Warum reagiert das Pfund so gelassen auf die bevorstehenden politischen Veränderungen? Erstens, weil das Wahlergebnis vorherbestimmt ist. Zweitens, weil die Bank of England nach eigenen Angaben nicht politischem Einfluss unterliegt – Labours Sieg wird in diesem Zusammenhang keine Konsequenzen haben. Es gibt die Meinung, dass die Bank of England bei ihrem Treffen im Juni die Zinsen absichtlich nicht gesenkt hat, um keine der Wahlteilnehmer zu begünstigen. Dies ist jedoch eher Spekulation, obwohl eine gewisse Logik darin liegt. Nichtsdestotrotz wird sich die Bank of England bei ihrem nächsten Treffen im August auf wichtige makroökonomische Indikatoren konzentrieren, nicht auf politische Veränderungen. Die meisten Experten glauben, dass die Zentralbank die Zinsen senken wird, es sei denn, die Inflation im Juni, die diesen Monat bekannt wird, beschleunigt sich stark.
Bezüglich möglicher Maßnahmen von Labour an der Macht gibt es keine spezifische Agenda, die die britische Währung "beunruhigen" würde. Der fast Premierminister Keir Starmer gab kürzlich zu, dass er keinen "Zauberstab" habe, um die wirtschaftliche Lage des Landes schnell zu verbessern. Er versprach, die Steuern nicht zu erhöhen und die Beziehungen zur Europäischen Union zu verbessern, betonte jedoch auch, dass eine Rückkehr zu früheren Wirtschaftswachstumsraten und dem freien Handel mit der EU in naher Zukunft nicht vorgesehen sei.
Daher "fürchtet" sich das Pfund nicht vor den Wahlen, trotz des möglichen Wechsels der Regierungspartei zum ersten Mal seit 14 Jahren. Obwohl britische und ausländische Beobachter vor Labours mangelnder Erfahrung warnen (die letzte Amtszeit der Partei endete 2010), beunruhigt dies die Marktteilnehmer nicht.
All dies deutet darauf hin, dass das Pfund ruhig auf die Exit Polls und die offiziellen Wahlergebnisse, die morgen bekannt gegeben werden, reagieren wird. Die britische Währung wird dem Dollar folgen, sodass alle GBP/USD-Händler ihre Aufmerksamkeit auf die Veröffentlichung der Nonfarm Payrolls richten werden. Dieser makroökonomische Bericht wird die Richtungsbewegung des Preises mittelfristig bestimmen. Der Dollar steht derzeit aufgrund sinkender ISM-Indizes (sowohl im verarbeitenden Gewerbe als auch im Dienstleistungssektor) und eines schwachen ADP-Berichts, der schwache Nonfarm Payrolls „vorhersagt“, erheblich unter Druck. Daher könnte die Veröffentlichung am Freitag entweder die Ängste der Investoren bestätigen oder zerstreuen. Die Reaktion des US-Dollars (und damit GBP/USD) wird entsprechend ausfallen.
Mit anderen Worten steht das Währungspaar GBP/USD vor einem wichtigen Test. Die Nonfarm Payrolls werden sicherlich erhebliche Volatilität über alle Dollar-Paare hinweg auslösen. Im Gegensatz dazu werden die Parlamentswahlen in Großbritannien das Paar vermutlich nicht aufwirbeln: Die Ergebnisse sind vorherbestimmt und bereits eingepreist.