Wir fragten uns in den letzten Monaten immer wieder: wie lange noch werden Christine Lagarde und Jerome Powell den Begriff "vorübergehendes Phänomen" in Bezug auf die Inflation verwenden? Es liegt daran, dass beide Beamten praktisch bei jedem Auftritt (es gab viele Auftritte in den letzten Wochen) ständig, wie ein Mantra, wiederholten, dass die Inflation im nächsten Jahr sinken werde. Obwohl sie anfänglich gesagt hatten, die Inflation werde sich am Ende des laufenden Jahres verlangsamen. Jedoch teilte keiner von ihnen mit, zu welchen Höhen der Verbraucherpreisindex tatsächlich gelangen könne, bevor er zu schrumpfen beginne. Und Sie würden zustimmen, das ist eine sehr wichtige Frage! Infolgedessen stieg die Inflation einfach weiter an. Sowohl in der Europäischen Union als auch in den USA. Und die Märkte glauben den Aussagen der Zentralbankchefs einfach nicht mehr. Im Großen und Ganzen erhöht die wachsende Inflation sowohl in der Europäischen Union als auch in den USA die Wahrscheinlichkeit einer Straffung der Geldpolitik erheblich. Aber während Christine Lagarde in der Europäischen Union weiterhin wiederholt, dass die Zinsen im nächsten Jahr nicht erhöht würden und die europäische Wirtschaft zu einer vollständigen Beendigung des QE-Programms noch nicht bereit sei, scheint die Fed in den USA doch schon auf dem Weg der schrittweisen Straffung zu sein. Von der Fed werden jetzt deshalb deutlich aktivere Schritte zur Verschärfung erwartet als vom europäischen Analogon. Wir möchten auch Sie daran erinnern, dass je höher die Wahrscheinlichkeit der Zinserhöhung und des QE-Endes ist, desto schlechter ist es für den Aktienmarkt und besser für die Landeswährung. Allerdings wird der Dollar bereits ohnehin seit Monaten vorschussweise teurer. Gerade eine weitere Stärkung der US-Währung steht also in Frage. Vielmehr kann sie im Gegenteil billiger werden, da die Märkte schon mehrmals eine mögliche Zinserhöhung im nächsten Jahr und das QE-Ende abarbeiteten.
Die ganze Geschichte endete mit einem banalen Auftritt von Jerome Powell gestern im Senat. Es war schon Powells zweiter nacheinanderfolgender Auftritt im Senat in zwei Tagen, und der Text beider Reden unterschied sich nicht voneinander. Während Powells zweiter Rede wurde er jedoch gefragt, wann er aufhören werde, den Ausdruck "vorübergehendes Phänomen" in Bezug auf die Inflation zu verwenden. Vielleicht war es ein Tiefschlag. Powell antwortete, dass jeder den Begriff "vorübergehendes" auf seine Art verstehe. Viele Menschen, so der Fed-Chef, würden glauben, dass "vorübergehendes" "kurzfristiges" bedeute, er wiederum verstehe diesen Begriff als "so wird es nicht immer sein". Als Ergebnis stellte Powell auch fest, bereits in der nächsten Sitzung werde die Frage über die Erhöhung des Tempos der Beendigung des QE-Programms diskutiert, um das weitere Wachstum der Inflation einzudämmen. Die Märkte vermuten, es werde auf 30 Milliarden Dollar pro Monat erhöht. Also verwandelte sich Powells gewöhnliche Rede in "eine Informationsbombe", die zu einem Rückgang der Aktienindizes S&P 500, NASDAQ, Dow Jones und einem starken Anstieg des US-Dollars führte.