EUR/USD. Warum steigt der Yen?

Der Yen wertet erneut gegenüber dem Dollar auf. Nach einer kurzen Pause hat das Währungspaar USD/JPY seine Abwärtsbewegung wieder aufgenommen und versucht nun, das Unterstützungsniveau von 140,70 (die untere Linie des Bollinger Bands-Indikators auf dem D1-Zeitrahmen) zu durchbrechen. Das Paar erreicht erneut neue mehrmonatige Preistiefs, das letzte Mal befand es sich Ende Dezember 2023 in diesem Preisbereich. Sollten die USD/JPY-Bären das Ziel von 140,27 unterschreiten, wird das Paar ein neues Jahrestief erreichen. Angesichts der Stärke des Abwärtstrends ist es unwahrscheinlich, dass die Händler im Bereich von 140 bleiben und könnten sich bald unterhalb des Niveaus von 140,00 einpendeln. Der einzige Faktor, der die Käufer von USD/JPY unterstützen könnte, ist eine "mäßig hawkische" Botschaft der Federal Reserve in der nächsten Woche, aber das erscheint unwahrscheinlich.

Der Haupttreiber für den Rückgang des USD/JPY-Paares ist die wachsende Divergenz in den Geldpolitiken zwischen der Bank of Japan und der US-Notenbank. Während der japanische Regulator sich auf die nächste Runde von Zinserhöhungen vorbereitet, erwägt die U.S. Federal Reserve, die Zinsen bei ihrer Sitzung im September um 25 oder 50 Basispunkte zu senken.

Dieses Mal wurde die Volatilität zugunsten des Yen durch Spezialisten der Ratingagentur Fitch Ratings ausgelöst. In ihrem neuesten Bericht zur Geldpolitik der Bank of Japan schlugen sie vor, dass die Zentralbank die Zinsen bis Ende dieses Jahres auf 0,5%, bis 2025 auf 0,75% und schließlich bis Ende 2026 auf 1% anheben könnte. Einerseits erscheint das Tempo der geldpolitischen Straffung gemessen, andererseits impliziert diese Prognose, dass die Bank of Japan bei ihrer Dezember-Sitzung eine weitere Zinserhöhung (die dritte in diesem Zyklus) vornehmen dürfte.

Diese Ansicht ist nicht nur den Strategen von Fitch Ratings eigen. Gestern veröffentlichte Bloomberg eine Umfrage unter führenden Ökonomen großer Finanzinstitute, die zeigte, dass hawkische Stimmungen den Markt dominieren. Fast 90% der 53 Befragten prognostizierten eine Zinserhöhung der Bank of Japan bis Ende Januar 2025, wobei mehr als die Hälfte (53%) den Dezember als wahrscheinlichsten Monat für einen solchen Schritt ansahen.

Darüber hinaus haben fünf der neun Mitglieder des Vorstands der Bank of Japan in den letzten Wochen angedeutet, dass eine weitere Zinserhöhung möglich sei – "wenn die Inflationserwartungen der Zentralbank erfüllt werden". So erklärte beispielsweise BOJ-Vertreter Hajime Takata kürzlich, dass der Regulator die Zinsen schrittweise anpassen werde "wenn sich Wirtschaft und Preise im Einklang mit unseren Prognosen entwickeln".

Die Inflationsdaten für Japan im August werden nur wenige Stunden vor der Bekanntgabe der Ergebnisse der September-Sitzung der japanischen Zentralbank veröffentlicht. Offensichtlich wird diese Veröffentlichung den Ton der Zentralbank entweder verschärfen oder mildern. Erinnert sei daran, dass der allgemeine Verbraucherpreisindex bei 2,8% im Jahresvergleich stagniert. Unterdessen beschleunigte sich der Kernindex im Juli erneut auf 2,7% jährlich, was den dritten Monat in Folge des Wachstums markiert. Sollte die Inflation im August einen ähnlichen Verlauf nehmen (oder im "grünen Bereich" bleiben), wird der Yen erhebliche Unterstützung erhalten, da die Wahrscheinlichkeit einer weiteren Zinserhöhung in diesem Jahr steigen wird.

Mit anderen Worten, das aktuelle fundamentale Umfeld unterstützt eine weitere Stärkung der japanischen Währung.

Der US-Dollar-Index ist zwei Tage in Folge gesunken. Der Markt bleibt unsicher hinsichtlich des möglichen Ergebnisses der Sitzung der Federal Reserve im September. Nach der Veröffentlichung des Nonfarm-Payroll-Berichts für August sank die Wahrscheinlichkeit einer Zinssenkung um 50 Basispunkte auf 18-19%. Die diese Woche veröffentlichten Inflationsberichte haben jedoch erneute Zweifel hinsichtlich des nächsten Schrittes der Federal Reserve aufgeworfen.

Zusammengefasst: Der Bericht über das Wachstum des US-Verbraucherpreisindex (CPI) entsprach den Erwartungen: Der allgemeine Verbraucherpreisindex verlangsamte sich auf 2,5% im Jahresvergleich, während der Kernindex bei 3,2% blieb. Der Bericht über das Wachstum des Erzeugerpreisindex (PPI) blieb im „roten Bereich“: Der allgemeine Erzeugerpreisindex fiel auf 1,7% (mit einer Prognose von 1,8%), während der Kernindex auf 2,4% stieg (mit einer Prognose von 2,5%).

Infolge dieser Veröffentlichungen sind die dovishen Erwartungen gestiegen: Laut dem CME FedWatch Tool liegt die Wahrscheinlichkeit einer Zinssenkung um 50 Basispunkte nun bei 44%. Die Wahrscheinlichkeit einer Senkung um 25 Basispunkte wird auf 56% geschätzt. Die Chancen sind nahezu gleich verteilt.

Auch andere fundamentale Faktoren haben zu dem Anstieg der dovishen Erwartungen beigetragen. Zum Beispiel veröffentlichte das Wall Street Journal gestern einen Artikel, in dem es heißt, dass die Federal Reserve noch darüber berät, um wie viel sie die Zinsen senken soll („ob sie einen kleinen oder großen Schritt machen soll“). Die Journalisten neigen zu der Ansicht, dass ein entschlossenerer Schritt bei der monetären Lockerung „angemessener sein könnte“. Auch die Analysten von JP Morgan gaben eine dovishe Prognose ab und schlugen vor, dass die Fed die Zinsen nicht nur im September, sondern auch im November und Dezember um 50 Basispunkte senken wird. Zusätzlich zu diesen Überlegungen erklärte der ehemalige New Yorker Fed-Präsident William Dudley, dass es derzeit reichlich Gründe für ein 50-Basispunkte-Szenario gebe.

Angesichts solcher Signale steht der Dollar unter erheblichem Druck.

Technische Analyse

Aus technischer Sicht testet das Währungspaar USD/JPY das Unterstützungsniveau von 140,70 auf dem D1-Zeitrahmen (die untere Linie des Bollinger-Bands-Indikators und gleichzeitig die untere Grenze der Kumo-Wolke sowie die untere Bollinger-Bands-Linie auf dem W1-Zeitrahmen). Short-Positionen sollten in Betracht gezogen werden, nachdem die Bären dieses Niveau durchbrochen und sich darunter konsolidiert haben. Die Abwärtsziele liegen bei 140,00 und 139,50, mit einem langfristigen Ziel von 132,00 (die untere Bollinger-Bands-Linie auf dem MN-Zeitrahmen).