EUR/USD. Nordtrend im Gange: nächstes Ziel - 1,1210

Das Euro-Dollar-Paar nähert sich selbstbewusst den Grenzen der 12. Stelle an und erreicht immer wieder neue Preishochs. Das letzte Mal befand sich das Paar in diesem Preissegment im März letzten Jahres, daher ist der aktuelle Preisanstieg ein sehr außergewöhnliches Ereignis. Vor allem gibt es derzeit alle Voraussetzungen für die Entwicklung eines Aufwärtstrends mittelfristig. Alles wird von der Position der Federal Reserve und der Europäischen Zentralbank abhängen.

Zum jetzigen Zeitpunkt scheinen die Waagschalen zugunsten der Käufer von EUR/USD zu neigen, da die gestrige Inflationsbekanntmachung die Möglichkeit einer weiteren Zinserhöhung nach der Sitzung im Juli in Frage gestellt hat. Wenn die Mitglieder der Federal Reserve nach dem Treffen im Juli (das am Ende dieses Monats stattfinden wird) eine vorsichtige Position einnehmen und keinen weiteren Schritt in Richtung strafferer Geldpolitik ankündigen, wird der Dollar stark unter Druck geraten. Dabei ist die Entscheidung im Juli bereits praktisch vom Markt eingepreist. Die Wahrscheinlichkeit, dass das 25-Punkte-Szenario umgesetzt wird, beträgt weiterhin mehr als 90%, trotz der Verlangsamung der Inflation in den USA. Gleichzeitig hat sich die Skepsis hinsichtlich weiterer Maßnahmen der Federal Reserve verstärkt. Zum Beispiel liegt die Wahrscheinlichkeit, dass der Status quo bei der Sitzung im September beibehalten wird (sofern im Juli eine Erhöhung erfolgt), bei 82%; im November bei 79%; im Dezember bei 65%.

Mit anderen Worten, der Markt ist derzeit praktisch überzeugt, dass die Federal Reserve im Juli den "letzten Akkord" spielen wird und dann bis zum Ende des Jahres (zumindest bis zum Ende des Herbstes) eine abwartende Haltung einnehmen wird.

Der gestrige Inflationsbericht, der eine "rote Färbung" aufwies, hat das Vertrauen in die Umsetzung dieses Szenarios nur noch verstärkt. Zur Erinnerung: Der Gesamtverbraucherpreisindex stieg im Monatsvergleich um 0,2%, während ein Anstieg auf 0,3% prognostiziert wurde. Auf Jahresbasis befand sich der Gesamt-Verbraucherpreisindex ebenfalls in der "roten Zone": Bei einem Rückgang auf 3,1% sank der Wert auf 3,0% (im Mai lag dieser Wert bei 4,0%). Dies ist das langsamste Wachstumstempo seit März 2021. Der Kernverbraucherpreisindex, der Lebensmittel- und Energiepreise nicht berücksichtigt, erreichte ebenfalls nicht die prognostizierten Werte. Im Monatsvergleich stieg der Wert auf 0,2% (nach einem Anstieg von 0,4% im Mai) und auf Jahresbasis erreichte er 4,8%, bei einer Prognose von 5,0%.

Solche Zahlen lassen vermuten, dass die Fed im Juli nicht nur einen Punkt, sondern mit Sicherheit "Auslassungspunkte" im aktuellen Zinserhöhungszyklus setzen wird.

Beispielsweise sind nach Meinung der Devisenstrategen der Commerzbank die Drucke auf die Fed hinsichtlich weiterer Zinserhöhungen nach Juli "deutlich gesunken" nach Veröffentlichung der Inflationsdaten für Juni. Die Experten bemerkten, dass es in den USA "immer mehr" Anzeichen dafür gibt, dass der Inflationsdruck abnimmt. Angesichts solcher Trends sind die Analysten der Commerzbank zu dem Schluss gekommen, dass die Zinserhöhung im Juli die letzte sein wird - zumindest für das laufende Jahr.

Auch Experten der ING haben eine ähnliche Position geäußert. Ihrer Meinung nach ist die aktuelle Abschwächung des Dollars wahrscheinlich der Beginn einer "ersehnten zyklischen Absenkung" aufgrund der Verlangsamung der Inflation in den USA. Die Analysten stellen dabei fest, dass bei der Diskussion über die Aussichten einer Straffung der Geldpolitik nicht nur die Frage nach dem endgültigen Zinssatz von Bedeutung ist, sondern auch eine andere Frage - wie lange die Zinssätze auf dem erreichten Niveau bleiben werden. Verbale Spekulationen über eine Zinssatzsenkung werden auf den Dollar Druck ausüben, insbesondere wenn das gegenwärtige Tempo der Inflationsverlangsamung beibehalten wird.

An dieser Stelle ist zu beachten, dass der Dollarindex bereits in den Bereich um die 99-Marke gefallen ist und die psychologisch wichtige Unterstützungsebene von 100,00 durchbrochen hat. Die wichtigsten Hauptwährungspaare haben ihre Konfiguration entsprechend geändert und reagieren auf die deutliche und umfangreiche Abschwächung der US-Währung.

Im Großen und Ganzen liegt die Entscheidung jetzt bei der EZB. Wenn die Europäische Zentralbank ihren aggressiven Kurs beibehält und darauf hinweist, dass nach der Erhöhung im Juli weitere folgen werden, wird der Nordtrend beim eur/usd nicht nur durch die Schwäche des Greenbacks, sondern auch durch die Stärke des Euros bestimmt sein.

Allerdings wird dieser fundamentale Faktor eher eine unterstützende Rolle spielen. Der Haupttreiber des "Nordexpress" beim eur/usd ist der Greenback, der überall auf dem Markt an Boden verliert.

Von technischer Sicht aus sieht die Situation wie folgt aus. Auf allen "höheren" Timeframes (außer dem wöchentlichen Chart) bewegt sich das Währungspaar entweder über der oberen oder zwischen der mittleren und oberen Linie des Bollinger-Bands-Indikators. Zudem befindet es sich oberhalb aller Linien des Ichimoku-Indikators, der auf W1 ein starkes bullisches Signal "Parade der Linien" gebildet hat. Dies deutet auf einen klaren Vorteil in Richtung Norden hin. Der bullische Impuls ist so stark, dass es noch zu früh ist, über eine Preis-Korrektur zu sprechen. Das nächste Ziel für eine Aufwärtsbewegung liegt an der oberen Linie des Bollinger-Bands-Indikators im Vier-Stunden-Chart, also bei 1,1210. Das Hauptziel der Käufer liegt darüber - bei 1,1300. Der Aufwärtstrend des Währungspaars ist noch nicht erschöpft, daher ist es sinnvoll, südliche Preisrückgänge als Anlass für Long-Positionen zu nutzen.