EUR/USD. Vorschau auf die Mai-Sitzung der EZB:

Die Europäische Zentralbank wird am 4. Mai ihre Ergebnisse ihrer nächsten Sitzung bekannt geben. Das Treffen im Mai wird keineswegs einfach sein und wird sicherlich Turbulenzen im Preis für das Währungspaar EUR/USD verursachen. Die Spannung über die möglichen Ergebnisse der Sitzung wird bis zur letzten Minute anhalten: Es gibt keine einheitliche Meinung auf dem Markt darüber, um wie viel die Zentralbank die Zinssätze erhöhen wird. Die Tatsache einer Erhöhung wird nicht diskutiert, aber das Ausmaß der Verschärfung der Geldpolitik und die weiteren Perspektiven sind eine offene Frage.

Derzeit neigt die Waage dazu, das 25-Punkte-Szenario umzusetzen. Insbesondere sind 57 von 69 von Reuters befragten Ökonomen der Meinung, dass die EZB die Zinssätze auf der Mai-Sitzung um 25 Basispunkte erhöhen wird. Dabei haben 12 Befragte eine 50-Punkte-Erhöhung der Zinssätze prognostiziert.

Basis-Szenario

Einige fundamentale Faktoren sprechen für das "moderate" Szenario, das als bedingt "Basis" bezeichnet wird.

Gestern veröffentlichte Eurostat die April-Daten zum Anstieg der Inflation in den Ländern der Eurozone. Die Veröffentlichung verwirrte die Marktteilnehmer mit ihrem widersprüchlichen Ergebnis. Der Gesamtverbraucherpreisindex sank in den letzten fünf Monaten (von November bis März) kontinuierlich und spiegelte eine Verlangsamung der Gesamtinflation wider. Im April zeigte er jedoch eine aufsteigende Dynamik und stieg auf 7,0% (von einem vorherigen Wert von 6,9%). Der stäbchenförmige HICP, ohne Berücksichtigung von Energie- und Lebensmittelpreisen, verlangsamte hingegen seinen Anstieg zum ersten Mal in den letzten 9 Monaten und lag bei 5,6% (nach dem historischen Höchststand von 5,7% im März).

Solche widersprüchlichen Ergebnisse haben die "Falken" beunruhigt, insbesondere vor dem Hintergrund des Rückgangs der Inflation in Deutschland. Der deutsche Verbraucherpreisindex sank im Jahresvergleich im April auf 7,2%, während ein Rückgang auf 7,3% prognostiziert wurde. Der harmonisierte Verbraucherpreisindex (HICP) stieg im Jahresvergleich auf 7,6%, während die meisten Experten einen Anstieg auf 7,8% prognostizierten, den die EZB bevorzugt, um die Inflation zu messen.

Noch ein Argument für die Umsetzung des 25-Punkte-Szenarios ist der quartalsweise Überblick der Kreditvergabe der EZB, der auf eine starke Abnahme der Kreditnachfrage im ersten Quartal hinweist. Die Anzahl der abgelehnten Kreditanträge erreichte den höchsten Stand seit Beginn der entsprechenden Statistik durch den Regulator im Jahr 2015. Der Überblick zeigt, dass das allgemeine Zinsniveau "der Hauptfaktor für die Abnahme der Kreditnachfrage unter den Bedingungen einer restriktiven Geldpolitik" war.

Zuvor hatte der Chefökonom der Europäischen Zentralbank, Philip Lane, erklärt, dass das Tempo und das Ausmaß der Erhöhung von den eingehenden Daten abhängen werden - insbesondere von der Dynamik des Inflationswachstums, dem Überblick über die Kreditvergabe der Banken und der Dynamik des Wirtschaftswachstums.

Übrigens sind die jüngsten Daten zum Wirtschaftswachstum der Eurozone ebenfalls in der "roten Zone" erschienen. Europa ist nicht in eine Rezession gerutscht, hat aber ein minimales Wachstum gezeigt. Im ersten Quartal 2023 stieg das BIP-Volumen der Eurozone im Quartalsvergleich um 0,1%, was unter dem erwarteten Wachstum von 0,2% lag. Im Jahresvergleich stieg der Wert auf 1,3% bei einem Wachstumsprognose von 1,4%.

Die Falken sind immer noch im Spiel

Trotz der Tatsache, dass viele fundamentale Faktoren auf eine hohe Wahrscheinlichkeit der Umsetzung des 25-Punkte-Szenarios hinweisen, kann die Möglichkeit einer Erhöhung der Zinssätze um 50 Punkte nicht vollständig ausgeschlossen werden. Vertreter des "Falkenflügels" der EZB haben mehrmals erklärt, dass der Regulator auf der Mai-Sitzung zwischen zwei Optionen wählen wird, da die Inflation weiterhin unverändert hoch bleibt. Nach Ansicht der "Falken" ist die Gesamtinflation in den letzten Monaten nur aufgrund des Basiseffekts gesunken, während die Stabilität der Kerninflation und der Löhne "den Boden für eine weitere Erhöhung des Zinssatzes um 50 Basispunkte bereitet hat".

Ein Falken-Szenario wird auch von einigen Währungsstrategen großer Banken nicht ausgeschlossen. Insbesondere sind die Experten von Danske der Meinung, dass der europäische Regulator im Mai die Zinssätze um 50 Basispunkte erhöhen und mindestens noch einmal im Juli um die gleiche Größenordnung erhöhen wird. Zur gleichen Zeit behaupten Analysten einer anderen Investmentbank, Brown Brothers Harriman, dass es derzeit eine etwa 40-prozentige Wahrscheinlichkeit einer Erhöhung der Zinssätze um 50 Punkte auf der Mai-Sitzung gibt. Danach kalkulieren Experten eine weitere Erhöhung der Zinssätze um 25 Punkte im Juni und eine weitere 25-Punkte-Erhöhung im Juli.

Schlussfolgerungen

Am Markt hat sich die Meinung herausgebildet, dass die Europäische Zentralbank nach der Mai-Sitzung den Zinssatz um 25 Basispunkte erhöhen wird. Im Falle der Umsetzung dieses Szenarios wird das Hauptaugenmerk auf der Tonlage der begleitenden Erklärung und der Rhetorik von Christine Lagarde liegen. Wenn die Regulierungsbehörde signalisiert, dass die Zentralbank nur das Tempo der Straffung der Geldpolitik geändert hat, aber weitere Erhöhungen sieht, wird der Euro auf dem gesamten Markt Unterstützung erhalten. Wenn die Zentralbank jedoch vorsichtige Thesen äußert und auf die sich abzeichnenden Trends zur Verlangsamung der Inflation hinweist, wird die Einheitswährung unter erheblichem Druck stehen.

Auch eine "Hawkish"-Variante ist nicht ausgeschlossen, bei der die EZB die Zinssätze um 50 Basispunkte erhöht und die Türen für eine weitere Straffung der Politik offen lässt. Da dieses Szenario nicht die Basis darstellt, wird es starke Volatilität in Paaren mit dem Euro auslösen, natürlich zugunsten des Euro. Das Paar EUR/USD wird hier keine Ausnahme sein. Es ist derzeit nicht sinnvoll, über konkrete Preisniveaus zu sprechen, da der Markt die Ergebnisse der Mai-Sitzung der Fed noch nicht verarbeitet hat, was ein wichtiger Puzzlestein in der Frage der "Preisbildung" von EUR/USD ist.

Wie wir sehen, bleibt die Spannung vor der nächsten Sitzung der EZB bestehen. Angesichts dieser Unsicherheit sollten EUR/USD-Händler eine abwartende Position einnehmen: Das Paar wird bald in eine Zone starker Preisvolatilität eintreten.